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Projekt Neuer.Raum:Raum für Neues

Seit Beginn der Fastenzeit 2021 wird mit dem Kirchenraum in Heilig Geist experimentiert. Nach der Sanierung von außen und einem barrierefreien Zugang soll der Weg der Öffnung des Kirchenraums auch in anderen Bereichen weitergehen. Zum Beispiel mit der Frage, wie Gemeinde in Zukunft hier Gottesdienst feiern will und wie der Raum darüber hinaus genutzt werden kann. Erste Versuche mit Konzerten, Lesungen, Ausstellungen und Vorträgen hat es in den vergangenen Jahren bereits gegeben.
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Datum:
18. März 2024
Von:
E. Kalb/ B. Freitag

Konzert mit Chor und kinetischer Installation

Flow 1

Während der Kunstinstallation „Flow“ im Februar/März 2024 gab es eine ganz besondere Veranstaltung: eine Aufführung der Chorklassen der Nikolausschule. Christoph Steeger, der Künstler, der die Installation entwickelt hatte, war von der musikalischen Performance der Grundschulkinder sehr beeindruckt: „Der vergangene Donnerstagabend war ein emotionaler Abend in Hl. Geist. Die Klänge und Stimmen in der hallenden Kirche waren frei und waren unterstützt von orffschen Instrumenten: ein Musikerlebnis, das John Cage geliebt hätte. Ein sehr engagierter, den (45) Kindern zugetaner, Musiklehrer (Jochen Arlt) und interessierte 8–9-Jährige, die andächtig Spaß hatten an ihrer Selbsterfahrung.  Ich hatte zeitweilig den Eindruck, als führe der Dirigent einen gestischen Tanz vor den Kindern auf, Tonhöhen, Fortissimo, Moderato, mit den Armen, der Mimik, der Gestik weisend in stummer aber sehr verständlicher Manier. Mit farbigen Karten wurden die Einsätze den Sänger*innen und Instrumentalist*innen angezeigt. 

Zu hören gab es Ungewöhnliches: mit Ausnahme einer einminütigen Sequenz von Claudius' "Der Mond ist aufgegangen" (in der Vertonung von J.A.P. Schulz), wurde der Gesang der Kinder zum lautmalerischen Mittel. Durch die weitgehende Befreiung von Text, wurde der Gesang auch befreit vom Transport von Inhalten. Die Stimmen wirkten eher wie Gefühlsäußerungen. Sollte meine Beobachtung richtig sein, sind die Kinder zu beglückwünschen, denn auch wenn die Kinder ihr emotionales Erleben während des Singens nicht unbedingt in Worte fassen können, so bleibt es doch ihr ganz eigenes Erleben, das sich im Übrigen in einem anderen Bereich des Gedächtnisses abspeichert als im kognitiven. Es wäre eine lang wirkende Selbsterfahrung. 

Und wenn es gelingt, einen emotionalen Raum nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere aufzutun, dann nennt man das "Kunst". - Und es war Kunst! - Und es hat insofern zusammengewirkt mit den Bildwerken, die sich zeitgleich im Raum bewegten. Dass genügend Zuhörer sich auf diesen emotionalen Raum eingelassen haben, zeigte sich in der andächtigen Stille während und dem auffällig langanhaltenden Applaus nach dem Konzert. 

Vor der konzertanten Improvisation gab es eine halbe Stunde Fragen an mich. Das war schön. Es hat mich bereichert, denn es lag keine Scheu in den Fragen, sondern ehrliche Neugier. Daher habe ich Fragen nach meinem Alter genauso gerne beantwortet wie die Frage danach, wie ich auf Ideen komme, wobei letzteres mir abverlangte, komplexe Vorgänge in einfache Worte zu fassen. Wenn mir das gelungen ist, hoffe ich, dass dadurch das ein oder andere Kind ermutigt wurde … on vera!"

Neue Töne in der Kirche

Projektwoche

Die Nikolausschule war schon im Jahr zuvor im neu gestalteten Kirchenraum zu Gast gewesen, wie Sabine Hausberg in ihrem Beitrag schreibt:

100 Kinder und 100 Trommeln waren während der Projektwoche der Sankt Nikolaus-Grundschule im Mai 2023 in der Kirche Zum Heiligen Geist zu hören. Zum Jubiläum von In Via (dem katholischen Träger der OGTS der Grundschule) gab es für die Projekttage einen Trommel-Workshop auf Cajons. Da für jede Stufe ein großer Raum benötigt wurde – und die Schule nur zwei große Räume hat – kam die Idee auf, den Pfarrsaal von Sankt Pius und die umgestaltete Kirche in Heilig Geist zu nutzen.

Bei dieser musikalischen Weltreise „In 80 Takten um die Welt“ wurde aus den 100 Erstklässlern in der Heilig Geist-Kirche eine trommelnde, tanzende und singende Gemeinschaft, die sich in der Kirche wohlfühlte und diesen Raum einmal ganz anders und ganz neu kennenlernte.

Vier spannende Tage durchstreiften die Kinder musikalisch verschiedene Kontinente und entdeckten unterschiedliche Kulturen, Musik- und Tanzstile. Dabei arbeiteten alle Klassenstufen auf eine gemeinsame Aufführung hin, die am Ende der Woche auf dem Schulfest stattfand.

Die Anfänge: Alles musste raus

Leere Kirche

Beim Projekt Neuer.Raum, das 2021 ins Leben gerufen wurde, geht es darum, den Kirchenraum neu und flexibler zu gestalten, um so Raum für Neues zu bieten. Dazu gehörte auch das Ausräumen der Kirche, um Stühle statt Bänken auszuprobieren (siehe unten). Dabei wurde auch der Boden grundgereinigt und überarbeitet, wozu die Inneneinrichtung der Kirche in die Tageskapelle bzw. die Sakristei geräumt wurde. Als eines der nächsten Projekte steht die Erneuerung der Beleuchtung an. Durch die flexible Bestuhlung ist es nun einfacher, bei Veranstaltungen die Stühle anders zu stellen, so dass der Raum auch anders genutzt werden kann.

Zu den Veranstaltungen gehörte ein Vortrag des Liturgiewissenschaftlers Prof. Dr. Alfred Gehards, über den ein Gemeindemitglied in der Weihnachtsausgabe des Spektrum schreibt.

Aufstellung

Die neuen Stühle werden seit August 2022 genutzt. Das Modell aus Holz mit roter Sitzfläche hat den Vorteil, dass die Stühle mit einem patentierten Verbindungselement sowohl in geraden Reihen als auch im Halbkreis gestellt werden können.

Bänke zu Betten - Upcycling für Kirchenbänke

Abbau

Nachdem klar war, dass es kein Zurück mehr gibt zur alten Sitzordnung mit Bänken, stellte sich die Frage: Was tun mit 30 langen Kirchenbänken? Verschiedene Anfragen nach potentiellen Abnehmern in Richtung osteuropäischer Gemeinden brachten keine Resonanz. Doch dieses wertvolle Holz konnte doch nicht einfach „entsorgt“ werden. Also wurden die Bänke zum Verkauf inseriert. Zeitnah meldete sich ein Interessent (und blieb auch der Einzige): Jonas Schumacher, ein Schreiner aus Köln-Merkenich, zeigte Interesse an allen Bänken, um daraus neue Möbel zu bauen. Mit seiner Firma „Reditum - Möbel mit Vorleben“ hat er sich auf Upcycling spezialisiert, das heißt, alle produzierten Möbel werden aus gebrauchten Materialien hergestellt – eine sympathische, zukunftsorientierte Idee, wie wir fanden. Der Verkauf der Bänke an Herrn Schumacher wurde vom Arbeitskreis Neuer.Raum befürwortet und dann auch vom Kirchenvorstand beschlossen.

Die Bänke wurden an drei Tagen vor Ort zerlegt, um sie anschließend leichter transportieren zu können. Herr Schumacher plant nun, daraus in Zusammenarbeit mit einer Werkstatt für behinderte Menschen Betten herzustellen. Da er sich bewusst war, dass der Abschied von den Bänken für viele Gemeindemitglieder durchaus schmerzhaft sein könnte, bot er außerdem an, aus dem Holz kleine Kreuze herzustellen und sie an Gemeindemitglieder zu verschenken. Dies wiederum ließ bei uns die Idee entstehen, außerdem noch ein Altar- oder Vortragekreuz für unsere Kirche aus diesem Holz bauen zu lassen. Herr Schumacher versprach, dafür Holz beiseite zu legen, jetzt müssen aber erst einmal Entwürfe dafür entwickelt werden.

Der neu gewonnene Raum ermöglicht es uns nun, nach vorne zu schauen.